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Aus der Philosophiewerkstatt des HAG

Reden zur Philosophie 2019

Das Nachdenken über den Menschen und die Welt, das beständige Hinterfragen des noch so Selbstverständlichen, die Suche nach gedanklichem Halt in der Unendlichkeit des Ungewissen erfordert immer auch die Reflexion des eigenen Tuns, das Hinterfragen des eigenen Faches. "Brauchen wir eigentlich noch Philosophie?" haben sich die SchülerInnen des Leistungskurses Philosophie also gefragt - und kommen in ihren Reden auf sehr unterschiedliche Weise zu ihren ganz persönlichen Schlussfolgerungen.

"Wozu eigentlich noch Philosophie?"

von Eva von Lachner

"...besonders heute, zwischen Flüchtlingsentscheidungen und Klimafragen..."

Wir tun es seit jeher und von Kind an, es liegt praktisch in der Natur des Menschen - das Philosophieren. Dieses bewusste Denken, die bewusste Nutzung unseres Verstandes lässt uns realisieren, dass nicht alles wahr ist, was wir wahrnehmen - und eben auch nicht all das, was wir denken. Die Philosophie lässt uns unserer Existenz einen Rahmen geben, sowie gleichzeitig auch die Möglichkeit diesen zu sprengen. Dabei dient die Philosophie weniger als ein Kompendium von Antworten auf fundamentale Fragen, nein, sie lehrt uns vielmehr eine Methode. Eine Methode, die uns vermittelt, das Leben und die Welt auf individuelle Art und Weise zu betrachten und es nach unseren eigens entwickelten Wert- und Moralvorstellungen zu leben.

Dennoch führt die Philosophie ungefähr genauso wenig zur Erfüllung, wie eine Exponentialfunktion niemals die x-Achse berührt - doch sie nähert sich dieser an. Dabei handelt es sich um einen Prozess, eine niemals endende Reise, auf welcher wir unseren philosophischen Kompass immer wieder neu ausrichten und hinterfragen müssen. Dadurch resultiert ein von dem Individuum ausgehender Einfluss auf die Gesellschaft, welcher diese beiden miteinander verknüpft. Diese ist durch die intrinsische Motivation umso bedeutender.

Besonders heute, zwischen Flüchtlingsentscheidungen und Klimafragen, sozialer Ungerechtigkeiten und Ausweichdebatten inmitten von Informations- und Medienfluten, gilt es wieder, mit hoher Frequenz aktiv zu philosophieren. Eben diese Themen nicht bloß von a nach b zu bedenken, sondern sie auf differenzierte Weise von verschiedensten Standpunkten zu beleuchten, gleichzeitig rückblickend wie vorausschauend, unter Beachtung des Individuums - und der Gesellschaft.

Eva von Lachner (Q1)

"Brauchen wir heute eigentlich noch Philosophie?"

von Emma Jäck

Ganz ehrlich? Keine Ahnung. Ich würde sagen, das kommt darauf an, ob man es gerne gemütlich hat und einfach genau so lebt, wie man schon immer gelebt hat - oder ob man sich auch 'mal in unbekanntes Territorium begibt. Philosophie muss ja nicht nur verwirrendes Geschwafel von längst zu Staub zerfallenen, superweisen bärtigen Männern aus der Antike sein. Nicht jeder Denkprozess muss auf unglaublich komplexe und intelligent wirkende Weise dargestellt und veröffentlicht werden. Zum Philosophieren reicht das einfache Hinterfragen von Dingen, das Spinnen eines riesigen Netzes an Fragen, die vielleicht niemand je wirklich beantworten kann. Ich meine, jeder von uns hat bestimmt schon mal auf irgendeine Art und Weise den Grund und den Ursprung unserer Existenz hinterfragt, oder?

"...unser wunderbares, leicht schräges, blau-grün gemustertes Bällchen in der unendlichen Leere..."

Die reine Tatsache, dass die kleinste Abweichung der Entfernung zwischen unserem wunderbaren, leicht schrägen, blau-grün gemustertem Bällchen in der unendlichen Leere und der Sonne unsere Existenz hätte verhindern können und wir dennoch jetzt hier sind, um genau darüber nachdenken. Toller Abstand würde ich sagen. ("Kleinste Abweichung" ist hier übrigens auf die Dimensionen unseres Sonnensystems bezogen.) Und darüber ernsthaft nachzudenken, zu fragen "Was wäre wenn...?" oder "Wieso genau so?", das ist doch alles ausgesprochen philosophisch.

Vor allem finde ich aber, dass man aus der Philosophie sehr viel lernen kann. Und auch hierfür benötigt man vermutlich keine alten, staubigen Texte. Vielleicht liefern sie aber auch Inspiration? Wie dem auch sei. Vielleicht lassen sich durch eine völlig neue Sicht auf das eigene Leben Probleme lösen, die aus der gewohnten Sichtweise unmöglich zu lösen schienen. Vielleicht fallen schwerwiegende, vorher unerkannte Probleme auf, mit deren Beseitigung man sich dann beschäftigen kann. Und vielleicht ist es auch mal ein tolles Gefühl, sich nicht bei allem ganz und gar sicher sein zu können.

In jedem Fall würde ich persönlich behaupten, dass die Philosophie in keinem Fall irrelevant geworden ist. Sie zeugt davon, dass es immer noch eigenständig denkende, intelligente und unabhängige Menschen gibt, die gewillt sind, ihre kuschelige Komfortzone zu verlassen oder wenigstens 'mal einen Blick aus dem Fenster zu wagen.

Der Mensch ist von Natur aus neugierig, und aus dieser Neugier entspringt die Philosophie. Und genau deswegen würde ich sie als wichtigen Bestandteil unserer heutigen Gesellschaft und immer noch sehr nützliche Denkweise bezeichnen.

Emma Jäck (Q1)

"Brauchen wir heute noch Philosophie?"

von Valerie Schulz

Rein aus Prinzip würde ich diese Frage hier im Philosophieunterricht mit ja beantworten. Übersetzt als "Liebe zur Weisheit" scheint die Philosophie eine Sache zu sein, bei der "Wissen" eine große Rolle spielt. Somit passt es doch auch ganz gut, hier und heute, in die Schule. Jetzt stehen aber noch zwei Fragen im Raum: 1. Was bedeutet Philosophieren eigentlich? Und 2. Warum soll diese Jahrhunderte alte Tätigkeit gerade für das 21. Jahrhundert relevant sein?

Für den Begriff Philosophie gibt es nicht die eine knappe, allgemein gültige Definition. Vielleicht deutet das auch schon auf ihren Zweck hin. Menschen betreiben Philosophie, wenn sie sich selbst, ihre Existenz und ihre Umgebung hinterfragen und verstehen wollen. Selten kommen sie hierbei zu der einen richtigen Antwort. Eher bilden sie sich ein wohlbegründetes Urteil, das sie allein oder im Austausch mit anderen ständig überdenken. Um sich ein Urteil über etwas bilden zu können, ist es hilfreich, ein "gewisses Verständnis von sich und der Welt" zu besitzen.

Der Philosoph Martin Seel schrieb im Jahr 2011: "Nur aus der verzweigten Beteiligung an den Dingen des Lebens heraus kann es zu einer philosophischen Erkenntnis (...) kommen." Meiner Meinung nach trifft dieses Zitat auch ziemlich auf unser Zeitalter zu. Das 21. Jahrhundert ist für viele Menschen unheimlich schnelllebig und schwer zu begreifen. Die Wissenschaft macht unaufhaltsam Fortschritte, und das Internet bietet Nutzern aus aller Welt beinah bedingungslos eine mächtige Reichweite. Wir tragen all das Wissen, das womöglich jemals dokumentiert wurde, in unserer Hosentasche, und können sekundenschnell darauf zugreifen. Es ist so leicht, andere Menschen denken zu lassen, und selbst blind hinterherzulaufen.

Zeichnung: Wiebke Schnarr

Dabei werden wir eigentlich gerade in dieser von Technik und Wissenschaft geprägten Zeit mit philosophischen Fragen konfrontiert: Ist das Schuleschwänzen fürs Klima zu verantworten? Sind Abtreibungen ein Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht der Mutter oder gegen das Lebensrecht des Kindes? Dürfen unsere Daten zum Schutz vor Terror überwacht werden? Sollten wir Tiere essen? Kann digitale Arbeit menschlich sein? Wer darf bestimmen was gerecht ist?

All diese Fragen sind für uns von Bedeutung und spiegeln Bereiche in unserer Gesellschaft wider, zu denen es nicht einfach "die" richtige Antwort gibt. Wir sollten uns sowohl mithilfe von wissenschaftlichen Fakten als auch von unterschiedlichen Meinungen aktiv einen Überblick über diese vielen relevanten Themen verschaffen, verschiedene Blickwinkel kennenlernen und uns ein Urteil bilden, das wir sowohl selbstbewusst vertreten, als auch kritisch durchleuchten können. Wir, die in einer Demokratie leben und die Möglichkeit haben, unsere Wünsche und Vorstellungen für unser Leben und die Welt in die Politik miteinzubringen, z.B. durchs Wählengehen, sind meiner Meinung nach dazu verpflichtet unser Privileg der Mitbestimmung zu nutzen.

Somit kann ich festhalten, dass Philosophie für mich eine tiefgehende Auseinandersetzung mit einer Thematik ist, wobei man mithilfe des Denkens, des Wissens, einer beständigen Neugier und einem kritischen Bewusstsein zwar zu keinem klaren Ende, aber immer wieder zu neuen Erkenntnissen kommt. Diese neuen Erkenntnisse sind, aus Liebe zur Weisheit, jedes Mal aufs Neue überraschend und, auch nicht nur laut Seel, überaus bereichernd.

Valerie Schulz (Q1)